Geschichte
Zur Geschichte der Gemeinde
Vlčnov ist eine kleine typisch mährisch-slowakische Gemeinde mit mehr als 3000 Einwohnern in der Nähe von Uherský Brod. Typisch nicht nur aufgrund ihres Stils, ihrer Folklore, der schönen Lieder und des guten Weins, sondern auch wegen ihrer Geschichte. Beweise dafür, dass das Leben hier bereits in vergangenen Zeiten pulsierte, belegen archäologische Funde in unserem Kataster.
Vlčnov wird in überlieferten Dokumenten bereits im Jahre 1264 erwähnt. Schätzungen von Experten zufolge sind die Anfänge seiner Entwicklung etwas älteren Datums, die schriftlich leider nicht überliefert sind. Die Gemeinde war seit dem 13. Jahrhundert im Besitz der Herren von Riesenburk, die hier eine Festung besaßen. Vlčnov nahm zu jener Zeit eine besondere Stellung ein, denn es bildete das Zentrum der sog. „Lucker Provinz“. Später war Vlčnov ein sog. markgräfliches Lehen, welches Markgraf Jost den Herren aus Kravare gewährte. In der Zeit nach der Hussitenbewegung festigte Burian von Vlčnov die Stellung der Gemeinde, indem er nicht nur Güter erwarb, sondern auch politischen Respekt. Er kaufte nämlich im Jahre 1449 die Burg Světlov, die nach Vlčnov sein Familiensitz wurde. Dieses bedeutende Geschlecht verwendete noch Mitte des 16. Jahrhunderts, als Vlčnov schon lange Zeit nicht mehr in ihrem Besitz war, den Zusatz „von Vlčnov“.
1506 bekam Jan von Kunovice Vlčnov von Burian. Das Schicksal der Gemeinde ist seitdem eng mit Uherský Brod, dem Sitz der Kunovicer Feudalherren, verbunden. Vlčnov verlor so seine Vorzugsrechte und wurde eine einfache Gemeinde ohne besondere Privilegien. An diese Zeit erinnert ein altes Denkmal – ein Grabstein in der örtlichen Kirche, auf dem geschrieben steht, dass hier Matthias von Kunovice, der Bruder des Gutsherren, im Jahre 1560 seine zwei Söhne begraben hat. Fast ein ganzes Jahrhundert waren also die Kunovicer Feudalherren die uneingeschränkten Herren von Vlčnov gewesen.
Im Jahre 1611 wurde das ganze Gut, und somit auch Vlčnov, für 153 000 Gulden an Ulrich von Kunovice verkauft. Das Geschlecht der Kunovicer besaß dann unsere Gemeinde und war bis ins letzte Jahrhundert eng mit ihr verbunden.
Vlčnov ist ein Dorf alten Typs. Ein Beweis dafür ist auch die ursprüngliche Anordnung der Häuser, die die herkömmliche sog. „zweireihige“ Form des Dorfes garantiert, bei der sich die Häuser Nr. 1 – 90 an der einen Seite des Baches entlang bis zum oberen Ende ziehen und auf der anderen Seite wieder herunter bis zur Nr. 162, der Mühle. Die übrigen Teile des Dorfes entstanden später, größtenteils erst im 19. Jahrhundert.
Wie auch andere Gemeinden in der Mährischen Slowakei, war Vlčnov ursprünglich eine rein landwirtschaftliche Gemeinde und jedes Gebäude oder jeder Hof mit dem dazugehörigen Grundstück war eine selbständige landwirtschaftliche Einheit. Eine der Pflichten der Vlčnover Untergebenen gegenüber der Obrigkeit war die Abgabe von Naturalien zweimal im Jahr, und zwar am Tag des Hl. Georg und des Hl. Wenzels.
Eine der vor mehr als 150 Jahren geschriebenen Listen erzählt noch viel mehr über die damalige Gemeinde. Sie zeigt, dass zur Gemeinde 2781 Morgen Feld, 97 Morgen Wiese, 541 Morgen Weide, 82 Morgen Weinberg u.a. gehören. Insgesamt zählt der ganze Grundbesitz 3735 Morgen (1 Morgen = 0,58 ha). Weiter kann man in der Liste lesen: „Auf der Anhöhe befinden sich Quellen, die den Bach speisen. Manchmal trocknet er völlig aus. Wenn er viel Wasser führt, setzt er die hiesige kleine Mühle in Gang. In Vlčnov gibt es 122 Pferde, des Weiteren 197 Ochsen, 199 Kühe, 44 Stück Jungvieh, 150 Schweine, 1202 Ziegen edler Rasse und 67 heimische Ziegen. Die Geflügelzucht ist nicht von Bedeutung. In jedem Haus gibt es einige Hühner und Gänse für den privaten Bedarf. Bei den Pferden handelt es sich um eine schwache Rasse, geeignet für die Feldarbeit und als Zugtiere. Das Vieh wird geweidet und mit Unkraut von den Gertreidefeldern gefüttert, im Winter mit einem Mischfutter aus Heu und Stroh. Die meisten Wirtschaften im Dorf halten zwei Ochsen oder zwei Pferde, zwei Kühe, ein Stück Jungvieh und zwei Schweine. Es werden auch 16 Halbbauern mit einer Hofgröße zwischen 19 und 20 Morgen angeführt, 129 Viertelbauern mit 9 bis 10 Morgen, 18 Achtelbauern mit 4 bis 5 Morgen und 77 Häusler, die nur ein kleines Haus besitzen. Außerdem gibt es noch 7 weitere Gebäude: das Pfarrhaus, die Schule, die Brennerei, einen Hof, das Quartier des Aufsehers, eine Mühle und eine Schänke. Die herrschaftliche Brennerei hat einen Kessel für Maische und einen zweiten zum Brennen. Jährlich werden etwa 195 Kübel gebrannt, wozu 1800 Metze Kartoffeln und 82 Metze Gerste verwendet werden, alles von heimischen Höfen. Das fertige Produkt wird im Ort und in der Umgebung an die Schankwirte verkauft.“
Diese Liste zeigt die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Besonders erweitert wurden im 16. und 17. Jahrhundert die Bewirtschaftung der Weinberge, denn für den Vlčnover Wein kamen die Kaufleute von weit her angereist. Den vielleicht größten Aufschwung erlebten unsere Weinberge Mitte des 17. Jahrhunderts, als die Gesamtausdehnung der bewirtschafteten und verwilderten Weinberge 478 alte Morgen betrug, das sind umgerechnet etwa 95 ha. An Stelle der verwilderten Weinberge, auf dem sog. „Mäuseberg“ (tschechisch: Myší hora) wurde ein Wald (Wildpark) angelegt, der die gesamte Kuppe dieses Hügels bedeckte. Hier ließ Anfang des letzten Jahrhunderts der Gutsherr Dr. Václav Kounic ein Schloss als dominierendes Gebäude bauen, welches jahrzehntelang die freie Landschaft beherrschte. Erst 1981 wurde es abgerissen.
Das Leben der Bewohner von Vlčnov war nicht leicht. Besonders das 17. Jahrhundert war geprägt von zahlreichen Kriegen und verheerenden Streifzügen. Damals, so berichten ältere Chronisten, wurde die heimische blühende Landschaft in eine Wildnis verwandelt. Besonders der längste und schrecklichste Krieg jener Zeit, der Dreißigjährige Krieg, hinterließ seine traurigen Spuren auch in Vlčnov. Ganze Dörfer waren ausgebrannt und nur noch teilweise besiedelt. Nur langsam besiedelte die Obrigkeit wieder ihre Ländereien. Insbesondere das Jahr 1663 war für unsere Vorfahren ein tragisches Jahr. Bei einem Überfall der Tataren wurde Vlčnov geplündert und niedergebrannt. 56 Menschen kamen damals ums Leben. Diese und ähnliche Tragödien erlebten die Bewohner von Vlčnov unzählige Male. Im Jahre 1866 lagerten Preußische Truppen im Ort und letztmalig zogen Soldaten 1945 durch Vlčnov.
Die Leitung der Gemeinde oblag in früheren Zeiten dem Gemeinderat. An dessen Spitze stand der Bürgermeister, früher auch Vogt genannt. Das Einkommen der Gemeinde setzte sich zusammen aus den Gebühren für die Häuser, Viehweiden, der Verpachtung der Gastwirtschaft der Gemeinde, der Ziegelei, aus dem Verkauf von Reisig und Holzscheiten aus dem Wald der Gemeinde, aus der Verpachtung der Gemeindeschmiede, der Jagd u.a. Das Gemeindeamt stand in der Mitte des Dorfes und hatte die Nr. 166. Zu den Gemeindehäusern gehörten weiterhin das sog. „Offiziersquartier“ (Nr. 167), zwei Häuser für die Schäfer (Nr. 14 und 163), die Schule (Nr. 184) und Schmieden mit den Nummern 241 und 232.
Im Jahre 1861 wurde in der Gemeinde eine Schule gebaut und im Jahre 1921 ein neue, die sog. „Bürgerschule“. Die Kirche wurde bereits im Jahre 1373 erwähnt. Ihr Hauptschiff wurde in den Jahren 1929 bis 1930 vollendet und enthält einzelne Bauelemente aus vergangenen Zeiten. Von dem Gutshof, der in der Gemeinde schon im 15. Jahrhundert erwähnt wird, sind nur wenige einzelne Teile in den späteren Umbau eingegliedert worden. Von den gesellschaftlichen Organisationen sind der Bauernverband zu nennen, der im Jahre 1880 entstanden ist, der Verband Raiffeisenka (1900), der Leserverband Přemysl (1892); der Chor der Freiwilligen Feuerwehr (1894); Sokol (1909), Orel (1910), die Molkereigenossenschaft (1901), der Veteranenverein (1880) und viele andere Organisationen, die das gesellschaftliche und kulturelle Leben in der Gemeinde über lange Jahre hinweg gestaltet haben und von denen einige bis heute existieren.
In den Jahren 1914 bis 1918, nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, waren 409 Einwohner von Vlčnov an der Front; 58 von ihnen kehrten nicht zurück und ließen ihr Leben auf den europäischen Schlachtfeldern. Im Verlauf der Befreiungskämpfe des Zweiten Weltkrieges fielen in der Umgebung von Vlčnov 34 rumänische Soldaten. Aus den Reihen der Gemeindebevölkerung forderte der Krieg 14 Opfer. Sie sind wahrscheinlich verschollen, hingerichtet oder in Konzentrationslagern zu Tode gefoltert.
Seit dem Krieg kam es in Vlčnov noch zu vielen weiteren Veränderungen. Bis es zu dem wurde, was es heute ist, also eine Gemeinde mit 3000 Einwohnern, modernen Gebäuden, mit sich entwickelnden Wirtschafts- und Industriebetrieben, aber auch mit folkloristischen Traditionen, Bräuchen, schönen Trachten, gutem Wein und überhaupt allem, was eine Gemeinde prägt und sie nicht nur in der Umgebung bekannt macht, sondern auch in der weiten Welt. Möge sie auch weiterhin wachsen und gedeihen.
Pavel Bravenec